Bei der Gründung einer GmbH im vereinfachten Verfahren darf vom Musterprotokoll nicht abgewichen werden. Auch nur geringfügige Änderungen des Musterprotokolls führen dazu, dass eine „normale“ Gründung vorliegt, die alle hierfür geltenden Vorgaben erfüllen muss und mit erhöhten Kosten verbunden ist. Das entschied das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) in seinem Urteil vom 7. Juli 2020, AZ: 8 W 188/20.
In dem zu entscheidenden Fall hatte die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin in der erforderlichen, notariell beurkundeten Form eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gegründet. Hierfür verwendete sie das Musterprotokoll für die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren. An einer Stelle, nämlich bei der Regelung zum Gründungsaufwand, wich sie allerdings vom Musterprotokoll ab. Die vorgegebene Formulierung („Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Gesamtbetrag von 300 €, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals.“) kürzte sie ab; sie ließ den Einschub „höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals“ weg. Das Registergericht beanstandete dies. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Das OLG Stuttgart teilte die Einschätzung des Registergerichts. Durch die Streichung des Satzteils sei das Musterprotokoll der vereinfachten Gründung inhaltlich verändert worden. Derartige Änderungen führten dazu, dass die Gründung nicht mehr als vereinfachte Gründung angesehen werden könne. Stattdessen läge eine „normale“ Gründung vor, die alle hierfür geltenden Vorgaben erfüllen müsse (zum Beispiel die Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste). Es sei irrelevant, dass sich im konkreten Fall (das Stammkapital lag über 300 Euro) die Abänderung des Musterprotokolls auf die tatsächliche Kostenverteilung zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin nicht auswirke.
IHK-Hinweis:
Die Möglichkeit, eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in einem besonders schnellen Verfahren zu gründen (sog. vereinfachtes Verfahren gemäß § 2 Abs. 1a GmbHG), wurde 2008 mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) geschaffen. Intention war es, die deutsche GmbH im Vergleich zu den häufig leicht zu gründenden ausländischen Kapitalgesellschaften, wie der englischen Limited, attraktiver zu machen. Die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren erfolgt auf Grundlage eines notariell zu beurkundenden Musterprotokolls, welches als Anlage dem § 2 Abs. 1a GmbHG beigefügt ist. Als eine Art Lückentext gibt dieses den Rahmen für die Gründung vor und fasst die sonst für die Gründung erforderlichen Unterlagen (Gründungsurkunde, Satzung, Gesellschafterliste) in einer Urkunde zusammen. Ziel ist eine möglichst schnelle und kostengünstige Gründung. Bei Verwendung des Musterprotokolls fallen geringere Notarkosten an als bei einer „normalen“ Gründung. Das Musterprotokoll reduziert die GmbH-Gründung auf wenige Punkte: Regelungen gibt es nur zu Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Stammkapital, Gesellschafter, Geschäftsführerbestellung (zulässig ist nur die Bestellung eines Geschäftsführers, der zwingend von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist) und Gründungsaufwand. Hierin liegt der wesentliche Nachteil des vereinfachten Verfahrens, denn von diesen Vorgaben darf nicht abgewichen werden (§ 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG). Über das Musterprotokoll hinausgehende Regelungen oder Abweichungen hiervon sind also nicht möglich.