Trotz der anhaltenden Brexit-Unsicherheit bleibt die deutsch-britische Wirtschaft geduldig. Ein „Ende mit Schrecken“ ist nicht erwünscht, denn fast 90 Prozent der Firmen lehnen ein „No deal“-Szenario ab.
Die Herbstumfrage der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer (AHK) hat ergeben, dass nur knapp über 10 Prozent der deutsch-britischen Wirtschaft sich einen harten Brexit wünscht. Ein Viertel wünscht sich einen Brexit in Anlehnung an das bisherige verhandelte Austrittsabkommen, auch wenn dies noch mit einer fortgesetzten Unsicherheit einhergeht. Knapp zwei Drittel sind sogar bereit, eine noch deutlich längere Unsicherheitsphase hinzunehmen, wenn am Ende ein weicherer Brexit mit einer Zollunion/-partnerschaft und einer engen Anbindung an den Binnenmarkt steht. Nicht überraschend ist, dass Firmen neue Handelsbarrieren und vermehrten Verwaltungsaufwand als größtes Risiko für ihre eigene Geschäftstätigkeit ansehen. Dies wird gefolgt von der Unsicherheit über die Entwicklung des Wechselkurses und den eingetrübten wirtschaftlichen Aussichten im Vereinigten Königreich, denn im Vergleich zum Frühjahr 2019 haben sich die mittelfristigen wirtschaftlichen Aussichten der gesamten britischen Wirtschaft nach Ansicht von 55 Prozent der Unternehmen deutlich verschlechtert. Im Frühjahr rechneten nur 40 Prozent mit einer negativen Entwicklung.
Wie in der Frühjahrsumfrage sehen aber fast 60 Prozent der teilnehmenden Firmen ihre eigene derzeitige Geschäftssituation als positiv oder sehr positiv an. Bezogen auf die nächsten 12 Monate sind die Unternehmen aber aufgrund der Brexitunsicherheit vorsichtiger bei ihrer Selbsteinschätzung – mittelfristig nimmt die Zuversicht dann aber wieder zu, denn über die nächsten fünf Jahre rechnen sogar fast zwei Drittel der Firmen mit einer positiven oder sehr positiven Entwicklung ihres eigenen Geschäftes im Vereinigten Königreich.
Ähnlich, wenn auch leicht schwächer ausgeprägt, gilt dies für die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Kurzfristig will zwar nur ein Drittel seine Investitionen ausbauen, bezogen auf die nächsten fünf Jahre steigt dieser Wert aber auf 50 Prozent an. Für das Beschäftigungsniveau gilt, dass wiederum ein Drittel dieses innerhalb der nächsten zwölf Monate erhöhen will, aber nur ein Fünftel rechnet mit einem Personalabbau in ihren britischen Betrieben. Befragt nach ihren Brexitvorbereitungen sagen knapp die Hälfte der Unternehmen, dass sie gut bzw. einigermaßen gut vorbereitet sind. Nur 4 Prozent sind gar nicht vorbereitet und der verbleibende Teil liegt mit seinen Vorbereitungen dazwischen.
Dr. Ulrich Hoppe, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer, erläuterte: „Dieses Umfrageergebnis zeigt, dass die deutsch-britische Wirtschaft in großen Teilen im derzeitig unsicheren Umfeld relativ gut positioniert ist. Mittelfristig wird der Brexit aber eher eine negative Auswirkung auf die britische Volkswirtschaft haben, da, über einen längeren Zeitraum betrachtet, die Unternehmen erhebliche Risiken für die Wirtschaftsentwicklung im Vereinigten Königreich sehen.“
Im Rahmen dieser Studie wurden zwischen dem 30. September und dem 7. Oktober 141 webbasierte Interviews mit Unternehmen der deutsch-britischen Wirtschaft, die im Vereinigten Königreich operativ aktiv sind, durchgeführt. Die Studie war Teil des World Business Outlooks des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).