Die am Sonntag, 28. März 2021, veröffentlichte aktualisierte Niedersächsische Corona-Verordnung schreibt in Umsetzung des Beschlusses der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 22. März betriebliche Verbote und Einschränkungen fort. In ausgewählten Modellprojekten werden Öffnungen unter klar definierten Rahmenbedingungen ermöglicht. Auch für Messen kann der Rahmen solcher Modellprojekte genutzt werden. Über die Modellprojekte hinaus allerdings werden weiterhin Bereichen wie z. B. Gastronomie, Tourismus, Kultur und dem Veranstaltungssektor keine Öffnungsperspektiven eröffnet. Für „Hochinzidenzkommunen“ erweitert das Land das Instrumentarium an stärker einschränkenden Regelungen. Die Verordnung tritt am Montag, den 29. März 2021, in Kraft und ist bis zum Ablauf des 18. April 2021 gültig.
Die durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 27. März 2021 (mit Begründung) aktualisierte Niedersächsische Corona-Verordnung enthält folgende Änderungen:
I. Regelungen für Modellprojekte (§ 18 b)
a. Zielsetzungen eines Modellprojektes:
in einem Projektgebiet.
b. Formeller Rahmen eines Modellprojekts I:
c. Wer darf öffnen:
In einem bekannt gegebenen Projektgebiet können zusätzlich für den Kundenverkehr und Besuche geöffnet werden:
§ die Außenbewirtschaftung eines Gastronomiebetriebs im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes,
d. Konzept und Anforderungen:
e. Formeller Rahmen eines Modellprojekts II:
Hinweis: Laut Presseinformation der Region Hannover vom 26. März (Nr. 113/2021) soll voraussichtlich 25 Einzelhandelsstandorten in Niedersachsen die Möglichkeit der Teilnahme ermöglicht werden. Aus der Region Hannover hätten bis Freitagmittag neben Hannover noch Garbsen, Langenhagen, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und Wennigsen ihr Interesse bekundet. Nach Aussage des Landes dürften im gesamten ehemaligen Regierungsbezirk Hannover nur zwei Oberzentren, drei Mittelzentren und ein Grundzentrum teilnehmen.
I.1 Regelungen für Modellprojekte Messen (§ 18 c)
Auch für Messen genutzte Flächen können als Projektgebiete zugelassen werden. Unter den spezifizierten Regelungen des § 18 b für Modellprojekte (Tests, Datenerhebung und Dokumentation, Datenweiterverarbeitung, Gemeinsames Konzept einschließlich Hygienekonzept, Überwachung, Ergebnisdokumentation und Ergebnisbericht, Einvernehmen und Zustimmung, Projektbeginn und -dauer, Abschlussbericht) ist die Durchführung von Präsenzmessen mit Ausstellerinnen und Ausstellern, Besucherinnen und Besuchern zulässig
II. Weitergehende regionale behördliche Anordnungen (§ 18)
Schon bislang konnten die örtlich zuständigen Behörden (Landkreise bzw. Region Hannover) – falls im Interesse des Gesundheitsschutzes erforderlich – regional weitergehende Anordnungen treffen. Diese sind mit der vorgelegten Verordnung noch einmal deutlich verschärft worden:
a. Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 100:
Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die 7-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen (Dreitagesabschnitt) den Wert 100 und ist diese Überschreitung nach Einschätzung der örtlich zuständigen Behörde von Dauer, so sind für das gesamte Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt oder für Teile dieses Gebiets weitergehende Anordnungen zu treffen. Diese können sein:
b. Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 150:
Wird der Wert der 7-Tage-Inzidenz von 150 in einem Dreitagesabschnitt überschritten, und ist diese Entwicklung nach Einschätzung der örtlich zuständigen Behörde von Dauer, so soll die örtlich zuständige Behörde die entsprechend spezifizierte Ausgangsbeschränkung nach § 18 Absatz 3 Satz 1 im angegebenen Umfang unter den dort geregelten Voraussetzungen anordnen. Voraussetzung einer Anordnung der örtlich zuständigen Behörde ist, dass eine hinreichende räumliche Zuordnung des Infektionsgeschehens in dem betreffenden Gebiet nicht möglich ist und deshalb die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 besteht.
III. Auswirkungen einer Lage in einer „Hochinzidenzkommune“ für Öffnungen bzw. Schließungen, berufliche Tätigkeiten und private Kontaktbeschränkungen
(§ 18 a)
Die Voraussetzungen und das Prozedere für die Einstufung als so genannte „Hochinzidenzkommune“ und für die Rückstufung sind inhaltlich nicht geändert worden, sondern haben lediglich redaktionelle Anpassungen erfahren.
Wichtiger Hinweis: Nur auf dieser Internetseite finden Sie für jeden Tag die maßgebliche Zahl der 7-Tage-Inzidenzen für die Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen: https://www.niedersachsen.de/coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen
Im Folgenden werden noch einmal die in Einzelfällen angepassten Konsequenzen der Einstufung als „Hochinzidenzkommune“ aufgeführt:
a. Private Kontaktbeschränkungen (anstelle § 2 Abs. 1 der § 2 Abs. 1 und der § 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung):
b. Sportliche Betätigungen und die Nutzung von Sportanlagen (anstelle § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 und Abs. 4 und 5 sowie nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 und Abs. 4 sowie der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung):
c. Einzelhandel (anstelle § 10 Abs. 1 b Sätze 3 bis 5 der § 10 Abs. 1 b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung):
d. Schließungen von Einrichtungen der Kultur und des Freizeitangebots mit benannten Ausnahmen (anstelle § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 sowie § 7 Abs. 1 und 3 der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung)
Ausnahmen: Bibliotheken, Büchereien, Zoos, Tierparks und von letzteren ähnlichen Einrichtungen insbesondere botanischen Gärten.
Hinweis: Infolge eines Urteils des 13. Senats des OVG Lüneburg (13 MN 114/21; s. unter II.) vom 19. März ist die Schließung von Zoos und Tierparks in Hochinzidenzkommunen vorläufig außer Vollzug gesetzt.
e. Frühstück zulässig beherbergter Gäste in Beherbergungsstätte bzw. Hotel in Speiseräumen:
nicht zulässig (anstelle des § 10 Abs. 1 Sätze 5 und 6 der § 10 Abs. 1 Satz 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung)
IV. Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebot (§ 2)
Die grundsätzliche Regelung für die Kontaktbeschränkungen ist infolge eines Urteils des OVG Lüneburg (13 MN 132/21) vom 19. März neu gefasst worden: Danach ist nun eine Zusammenkunft von Personen nur mit den Personen eines Haushalts und höchstens zwei Personen eines anderen Haushalts zulässig, wobei Kinder dieser Personen bis zu einem Alter von einschließlich 14 Jahren nicht einzurechnen sind und nicht zusammenlebende Paare als ein Haushalt gelten. Erforderliche Begleitpersonen oder Betreuungskräfte werden nicht einberechnet. Eine weitere Person ist zulässig, wenn diese Dritte im Sinne des § 1684 Abs. 4 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1684.html) ist.
Befristet für die Zeit vom 1. April 2021 bis zum Ablauf des 5. April 2021 ist das Verbot von Ansammlungen von Personen in der Öffentlichkeit geregelt worden. Es gilt selbst dann, wenn das Abstandsgebot eingehalten würde.
Als weitere Ausnahmen von den allgemeinen Kontaktbeschränkungen und dem Abstandsgebot werden die sportliche Betätigung von Personen eines Haushalts mit höchstens zwei Personen eines anderen Haushalts (Konsequenz des OVG-Urteils s. o. für Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebot) sowie Schlichtungsverfahren nach dem Niedersächsischen Schiedsämtergesetz und nach dem Niedersächsischen Schlichtungsgesetz aufgeführt worden.
V. Datenerhebung und Dokumentation (§ 5)
Die spezifizierten Vorgaben zum Umfang der Datenerhebung, zur Aufbewahrung und zur Löschung entfallen, wenn die Nutzung einer Anwendungssoftware zur Verfügung gestellt wird, mittels der die Kontaktdaten wie Erhebungsdatum und –uhrzeit sowie Aufenthaltsdauer erfasst werden können und wenn die Software für einen Zeitraum von vier Wochen eine Übermittlung an das zuständige Gesundheitsamt ermöglicht.
Verweigert eine besuchende oder teilnehmende Person die Kontaktdatenerhebung oder verweigert sie im Falle der Datenerhebung unter Nutzung einer Anwendungssoftware die Zustimmung zur Datenweitergabe, insbesondere auch im Falle eines positiven Testergebnisses, dann ist ein Zutritt zu der jeweiligen Einrichtung oder Veranstaltung nicht zu gewähren.
VI. Testung (§ 5 a)
Neu spezifiziert ist die Anforderung an einen PoC-Antigen-Test zur patientennahen Durchführung (Schnelltest), der die Anforderungen nach § 1 Abs. 1 Satz 5 der Coronavirus-Testverordnung vom 8. März 2021 (BAnz AT 09.03.2021 V 1) erfüllen muss.
Die Pflicht zu einer Testung im Zusammenhang mit dem Betreten einer Einrichtung, eines Betriebs oder Veranstaltungsorts entfällt auch, wenn eine Bestätigung über eine tagesaktuelle negative Testung vorliegt, die aufgrund des §1 der Coronavirus-Testverordnung vom 8. März 2021 (BAnz AT 09.03.2021 V 1) vorgenommen worden ist.
Die Übermittlung eines Testergebnisses kann auch per Anwendungssoftware erfolgen; die Besucherin oder der Besucher darf die Zustimmung nicht verweigern.
VII. Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen (§ 10 Abs. 1)
Bei den Betriebsverboten ist im Zusammenhang mit den Gastronomiebetrieben im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes konkretisiert worden, dass bei diesen auch allgemein die Außenbewirtschaftung unzulässig ist.
Im Zusammenhang mit dem Verbot des Freizeit- und Amateursportbetriebs wird als Ausnahme in Folge des OVG-Urteils zu den Kontaktbeschränkungen neu konkret gefasst, dass die sportliche Betätigung mit Personen des eigenen Haushalts und höchstens zwei Personen eines anderen Haushalts zulässig bleibt.
VIII. Außerschulische Bildung (§ 14 a)
Neu aufgenommen worden sind der Einzelunterricht und die Einzelausbildung als Ausnahmen vom Verbot des Präsenzunterrichts im Bereich der außerschulischen Bildung, vor allem in Volkshochschulen, Musikschulen und Einrichtungen der kulturellen Bildung. Zu Grunde liegt dieser Anpassung ein Urteil des 13. Senats des OVG Lüneburg (13 MN 118/21; s. unter II.) vom 19. März 2021 (in Analogie zur Entscheidung vom 4. März 2021 zur Außervollzugsetzung der Hundetrainings von Hundeschulen; 13 MN 78/21). Ebenfalls neu aufgenommen worden ist die praktische jagdliche Ausbildung in den Bereichen Reviergang und Einzelschießausbildung, wenn die Teilnehmerin oder der Teilnehmer durch einen Test nach § 5 a der Verordnung das Vorliegen des Corona-Virus SARS-CoV-2 ausschließt.
IX. Ordnungswidrigkeiten
Verstöße gegen die §§ 2 bis 10, 14 bis 16 und 18 b und 18 c sowie die jeweils in Verbindung mit der Anwendung des § 18 a Abs. 3 anwendbaren Regelungen der Corona-Verordnung in der am 6. März geltenden Fassung stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1 a Nr. 24 IfSG dar. Sie werden mit Geldbuße bis 25.000 Euro geahndet.
X. Weitere Änderungen
Weitere Änderungen der bislang geltenden Regelungen betreffen die Paragrafen 9 (Religionsausübung, sonstige Regelungen für Sitzungen, Zusammenkünfte und Versammlungen), 11 (Kindertagespflege, private Kinderbetreuung), 12 (Kindertageseinrichtungen), 13 (Schulen) und 14 (Besuchsrechte und Neuaufnahmen in Heimen, unterstützenden Wohnformen und Intensivpflege-Wohngemeinschaften; Betreten von Heimen durch Dritte; Testungen von Beschäftigten; Einrichtungen der Tagespflege).