In mehreren Klageverfahren vor dem 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG), Lüneburg, über die vorläufige Außervollzugsetzung der Corona-bedingten Schließung von Gastronomiebetrieben und Fitnessstudios durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 ergingen am Freitag, den 6. November, die Entscheidungen zugunsten des Verordnungsgebers Land Niedersachsen:
1. Gastronomie
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit mehreren Beschlüssen vom 6. November 2020 Normenkontrolleilanträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der grundsätzlichen Schließung von Gastronomiebetrieben durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 abgelehnt (13 MN 411/20 u.a.). Die Antragsteller hatten geltend gemacht, die Schließung sei infektionsschutzrechtlich nicht notwendig und verletze den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.
Das Gericht hat die Anträge nach einer Folgenabschätzung abgelehnt und den durch die Schließungsanordnung bewirkten Eingriff als „gegenwärtig hinzunehmen“ bewertet. Für den 13. Senat sei es derzeit offen, ob die beklagte Regelung der Corona-Verordnung in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder unwirksam zu erklären sei.
Der Senat beurteilt die Rechtsgrundlage der Verordnungsregelung als tragfähig. Die Erforderlichkeit der Schließungen basiere nicht nur (wie bei den zuletzt vom OVG gekippten Regelungen zum Beherbergungsverbot und zur Sperrzeit) auf 7-Tages-Inzidenzwerten, sondern beziehe entsprechend dem „Handlungskonzept zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens in der COVID 19 Pandemie“ auch alle weiteren für das Infektionsgeschehen relevanten Umstände in die Bewertung ein. Den Strategiewechsel von Betriebsbeschränkungen hin zu weitreichenden Betriebsschließungen und ergänzenden Betriebsbeschränkungen konnte der Verordnungsgeber, so das Gericht, im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung für erforderlich ansehen.
Die Gastronomiebetriebe hätten sich nicht erfolgreich darauf berufen können, in ihrem Umfeld sei es nachweislich nicht zu Infektionen gekommen. Gegenüber der Betriebsschließung mildere Mittel seien nicht auszumachen.
Das Gericht attestiert den Betrieben in den vergangenen Monaten zwar, erheblich in die Umsetzung von – durchaus auch wirksamen, aber in der Wirkung nicht belastbar überprüfbaren - Hygienekonzepten investiert zu haben. Es sei angesichts der derzeitigen Infektionsdynamik aber nicht festzustellen, dass sie infektionsschutzrechtlich eine vergleichbare Effektivität wie Betriebsschließungen aufwiesen.
Die Vereinbarkeit der Verordnungsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz hat der Senat zwar grundsätzlich positiv bewertet, konnte dies aber in dem Eilverfahren nicht abschließend beurteilen. Ob die getroffene Auswahl von zu schließenden oder zu beschränkenden Betrieben „unter Berücksichtigung des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeiten und aller sonstigen relevanten Belange“ hinreichend begründet und angemessen differenziert sei, müsse aufgrund der vielen und vielgestaltigen Fallkonstellationen in einem Hauptsacheverfahren beurteilt werden.
Die hier als offen eingeschätzten Erfolgsaussichten führten zu einer Entscheidung über eine Folgenabwägung. Die von den Antragstellern genannten Gründe überwögen nicht. Die Betriebsschließungen griffen zwar tief und wiederholt in die Berufsausübungsfreiheit ein. Die vom Staat in durchaus erheblichem Umfang in Aussicht gestellten Kompensationen für die Umsatzausfälle milderten aber das Gewicht des Eingriffs. Mit Blick auf die gravierenden, teilweise irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener und der Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens sei der Eingriff gegenwärtig hinzunehmen.
Der Beschluss, der unanfechtbar ist, wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz (www.rechtsprechung.niedersachsen.de/) veröffentlicht.
2. Fitness-Studios
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit mehreren Beschlüssen vom 6. November 2020 Normenkontrolleilanträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der grundsätzlichen Schließung von Fitnessstudios durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 abgelehnt (13 MN 433/20 u.a.). Auch diese Antragsteller hatten geltend gemacht, die Schließung sei infektionsschutzrechtlich nicht notwendig und verletze den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.
Das Gericht hat die Anträge der Fitnessstudios nach einer Folgenabschätzung mit den gleichen Beurteilungsgrundlagen und Argumenten wie bei der Beschlussfassung über die Gastronomie-bezogenen Anträge abgelehnt und den durch die Schließungsanordnung bewirkten Eingriff als „gegenwärtig hinzunehmen“ bewertet. Auch in diesen Fällen sei es für den 13. Senat derzeit offen, ob die beklagte Regelung der Corona-Verordnung in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder unwirksam zu erklären sei.