IHK-Konjunktur

IHK Hannover

Die aktuelle Geschäftslage wurde im 1. Quartal 2024 noch etwas schlechter beurteilt als im Winter, die Erwartungen der Unternehmen im IHK-Bezirk Hannover sind hingegen leicht gestiegen. Die ungelösten Strukturprobleme lassen für das laufende Jahr aber weiterhin keine große Erholung erwarten. Die Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass Investitionen zurückgestellt wurden.
16 Interaktive Grafiken mit Zusatzfragen zu Investitionen und Finanzen
Der Blick auf den Klimaindikator, der das geometrische Mittel aus Geschäftslage und Erwartungen darstellt, zeigt, dass sich die Konjunktur im 1. Quartal 2024 auf niedrigem Niveau stabilisiert hat. Die schlechtere Lagebeurteilung und die höhere Erwartungshaltung lassen den Indikator um einen auf 84 Punkte (Vorquartal: 83 Pkt.) steigen.
Die Geschäftslage hat sich in allen Wirtschaftsgruppen in den letzten Monaten verschlechtert. In der Industrie sind dafür die nachlassenden Auftragseingänge verantwortlich. Im Baugewerbe berichtet vor allem der Hochbau von schlechten Geschäften, während im Tiefbau und Ausbaugewerbe die Entwicklung deutlich besser ist. Im Handel haben sich die Lohnsteigerungen und Sonderzahlungen noch nicht in den Geschäften bemerkbar gemacht. Auch die Dienstleister melden eine rückläufige Auftragslage. Die Erwartungen haben sich mit Ausnahme des Großhandels in allen Branchen gebessert, bleiben aber unisono im ungünstigen Bereich. Eine unstete Wirtschaftspolitik und die überbordende Bürokratie drücken die Stimmung deutlich.
Die deutlich gesunkene Inflationsrate, die Stabilisierung der Energiekosten, die allgemeine Nachfrageschwäche sowie die kräftig gestiegenen Arbeitskosten bilden aktuell den Rahmen für die Unternehmen. Hauptproblem in allen Branchen bleiben jedoch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
Die Investitions- und Beschäftigungsabsichten der Unternehmen haben sich nur minimal gebessert und bleiben auf einem niedrigen Niveau. Weitere Details zu Investitionen können der Auswertung der Zusatzfragen entnommen werden. Die Beschäftigungsplanungen bleiben ebenfalls leicht negativ. Zwar wird insgesamt mit etwas weniger Personal geplant, gleichzeitig sorgt der demographische Wandel in Verbindung mit dem bestehenden Fachkräftemangel insgesamt für eine hohe Einstellungsbereitschaft.
Die Auftragseingänge der Industrie gehen weiter zurück. Die Auftragsbestände werden zum Ende des 1. Quartals von 41 Prozent der Unternehmen als zu klein beurteilt, und nur 10 Prozent berichten von verhältnismäßig großen Auftragsbeständen. Bundesweit ist die statistisch berechnete Auftragsreichweite auf 7,0 Monate geschrumpft, was immer noch erheblich über dem Niveau von 2018/2019 liegt.
Die Exporterwartungen der Industrie haben sich abgeschwächt. Die geringen Wachstumsraten der Handelspartner drücken den Wert auf -3, der anhaltend unter dem Mittelwert seit 2008 von +10 liegt. Betrachtet man einen längeren Zeitraum wie beim Konjunkturklimaindikator ab dem Jahr 2000 liegt der Mittelwert mit +15 deutlich höher. Hier zeigt sich, wie schwach die Exportentwicklung der letzten Jahre war.
Die hohen Preissteigerungen bei vielen Lebensmitteln von durchschnittlich 30 Prozent (Januar 2021 bis März 2024) zwingen viele Kundinnen und Kunden unverändert zum Sparen. Die nominellen Lohnsteigerungen und Sonderzahlungen werden die realen Einkommensverluste breiter Bevölkerungsschichten nicht verhindern können. Dies wird den Einzelhandel verändern. An Urlaubsreisen, vor allem ins Ausland, wird dagegen kaum gespart.
Die unternehmensnahen Dienstleistungsunternehmen (Beratung, Werbung, Architektur- und Ingenieurbüros, Zeitarbeit, Facility-Management etc.) hatten über die letzten Quartale eine erstaunlich robuste Entwicklung. Das 1. Quartal 2024 war – mit Ausnahme der Corona-Zeit – das erste Quartal mit ungünstiger Umsatzbeurteilung seit 2015. Die Geschäftslage hat sich damit leicht abgeschwächt. Die Geschäftserwartungen bleiben im Frühling ungünstig. Immerhin wird wieder mit zunehmenden Umsätzen gerechnet.
Im Bezirk der IHK Hannover wird wie in ganz Niedersachsen das Problem der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (62 %; Vorjahr: 52 %) als Unternehmensrisiko Nummer eins wahrgenommen. Hierunter subsummieren die Unternehmen die unstete Wirtschaftspolitik (Heizungsgesetz, Förderung von E-Autos) sowie die ständig zunehmende, überbordende Bürokratie, die auch in den Klartextantworten der Unternehmen immer häufiger thematisiert wird. Risiko Nummer zwei ist mittlerweile die Inlandsnachfrage (61 %; Vj. 49 %). Der Fachkräftemangel und die allgemein fehlenden Arbeitskräfte (60 %) stehen nur knapp dahinter auf Platz drei des Rankings. Auch für die Nummer vier der Liste, die Arbeitskosten (53 %), gilt, dass eine Mehrheit der Unternehmen Probleme sieht. Erfreulicherweise deutlich zurückgegangen ist das Risiko der Energie- und Rohstoffpreise (42 %; Vorj.: 58 %). Eher unauffällig bleiben die Risiken bei der Finanzierung (12 %) oder bei den Wechselkursen (4 %).
Zusatzfragen zu Investitionen
Die Frage nach den Investitionsmotiven im Inland spiegeln sowohl konjunkturelle als auch strukturelle Aspekte wider. Hauptmotiv ist und bleibt der Ersatzbedarf (71 %). Die Investitionsmotive Produktinnovation (35 %) und Rationalisierung (32 %) folgen. Das Motiv Umweltschutz (27 %; Jahresbeginn: 32 %) war in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, ging im Vergleich zum Jahresbeginn aber zurück. Hier dürfte die Verunsicherung der Unternehmen über die künftigen Regelungen eine Rolle spielen. Entsprechend der konjunkturell schwachen Phase sind Kapazitätsausweitungen (17 %) im Jahr 2024 kaum zu erwarten. Aufgrund der Möglichkeit von Mehrfachantworten sind für viele Investitionen mehrere Motive relevant.
Weitere Zusatzfragen betrafen die Frage, ob Investitionen in 2024 zurückgestellt wurden und was die Gründe dafür waren. Daran schloss sich die Frage an, was passieren müsse, damit die Investitionen am Standort doch noch getätigt werden. Gut jedes dritte Unternehmen (37 %) hat Investitionen zurückgestellt, in der Industrie ist es sogar fast jedes zweite Unternehmen (47 %).
Es zeigt sich, dass vor allem die Unsicherheiten über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (73 %) hier ausschlaggebend waren. Mit deutlichem Abstand folgen als weitere Gründe die hohen Energiekosten (35 %; Industrie: 39 %), die zunehmende Regulatorik (33 %), die Dauer und Komplexität der Planungs- und Genehmigungsverfahren (26 %), die hohe Steuer und/oder Abgabenbelastung 25 %), fehlendes Personal/Fachkräfte (18 %) sowie die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen (6 %).
Damit stellt sich unmittelbar die Frage, was die Politik tun kann, damit diese Investitionen doch noch am Standort – und nicht im Ausland – getätigt werden. Hierbei haben wir uns auf kurz- bis mittelfristig beeinflussbare wirtschaftspolitische Option konzentriert.
Zwei Punkte sind für die Unternehmen im IHK-Bezirk Hannover zentral: Die verlässliche Wirtschaftspolitik und die Reduzierung der bürokratischen Belastungen. Beides sind Themen, die für die Politik keinen zusätzlichen finanziellen Aufwand bedeuten. Weitere Optionen wie dauerhaft niedrigere Energiepreise (50 %), Steuererleichterungen (39 %) und Investitionsprämien (26 %; in der Industrie: 12%) wären für die Wirtschaftspolitik dagegen mit erheblichen Haushaltsmitteln verbunden. Andere Antwortalternativen waren kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren (38 %) sowie ein besseres Umfeld für F & E-Aktivitäten (9 %).

 Zusatzfrage zur Finanzlage
Das Wichtigste vorab: Für eine Mehrzahl der Unternehmen (70 %) ist die Finanzlage unproblematisch. Das zeigt, dass trotz schwachem Wachstum und Stagnation die finanzielle Basis der Unternehmen auch nach einigen Krisenjahren – teilweise dank staatlicher Hilfe – mehrheitlich immer noch solide ist.
Immerhin etwa jedes siebte Unternehmen (15 %) berichtet von rückläufigem Eigenkapital, allen voran die Verkehrsunternehmen und das Gastgewerbe. Zweithäufigstes Problem bei den Finanzen sind Liquiditätsengpässen (10 %). Auch hier sind die Nennungen im Gastgewerbe deutlich überdurchschnittlich, auch der Einzelhandel meldet Probleme.
  
615 Unternehmen wurden zum I. Quartal 2024 zwischen 21. März 2023 und 8. April 2024 befragt. 425 gewichtete Unternehmensantworten liegen vor. Der Rücklauf der Befragung lag bei 67 %.

Stand: 02.05.2024