Recht und Steuern

Anforderungen an die Kassenführung

1. Verpflichtung zur Kassenführung

Jeder Buchführungspflichtige muss Bücher und Aufzeichnungen gem. §§ 140 bis 148 Abgabenordnung (AO), §§ 238 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) führen. Dies umfasst auch die tägliche Aufzeichnung der Kasseneinnahmen und -ausgaben. Buchführungspflichtig sind alle im Handelsregister eingetragenen Unternehmen (Kaufleute), aber auch Gewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind und einen Jahresgewinn von mehr als 60.000 Euro oder einen Jahresumsatz von mehr als 600.000 Euro erzielen.
Nicht buchführungspflichtige Unternehmen, die ihren Gewinn durch eine Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, sind nicht zur Kassenbuchführung verpflichtet. Erforderlich ist nach § 22 Umsatzsteuergesetz jedoch eine Einzelaufzeichnung, die in der geordneten, vollständigen und chronologischen Ablage von Belegen bestehen kann. Führen Einnahmenüberschussrechner auf freiwilliger Basis ein Kassenbuch, so muss dieses in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen genügen.
In bargeldintensiven Betrieben, wie dem Einzelhandel und der Gastronomie, hat die Kassenführung einen hohen Anteil an der gesamten Buchführung.  Bei Betriebsprüfungen steht daher immer auch die Beweiskraft der Buchführung insgesamt auf dem Spiel. Ist diese nicht mehr gegeben, drohen regelmäßig steuerliche Hinzuschätzungen. Diese können eine Höhe von zehn Prozent des Jahresumsatzes plus Sicherheitszuschlag erreichen. Im schlimmsten Fall kann es zur Einleitung eines Strafverfahrens kommen. Betroffene Unternehmen sollten sich daher sehr genau mit den Anforderungen an eine „ordnungsgemäße Kassenführung“ auseinandersetzen und prüfen, ob ihre bisherigen Kassensysteme und die -organisation den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

2. Regeln und Formen der Kassenführung

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung haben sich insbesondere seit 2018 erheblich verschärft. Grund dafür sind verschiedene Vorschriften, insbesondere die Kassenrichtlinie (Anwendungserlass zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften vom 26. November 2010) und das Kassengesetz (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016).
Der Gesetzgeber gibt allerdings keine bestimmte Form des Kassentyps vor. Auch eine Registrierkassenpflicht gibt es in Deutschland im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Staaten nicht. Bei der Aufzeichnung von Bargeschäften können sich Unternehmer daher frei entscheiden, ob sie dies manuell mithilfe einer offenen Ladenkasse, mit einer elektronischen Registrierkasse, einem PC-Kassensystem oder mit einer Cloud-basierten App-Lösung erfassen möchten.

2.1. Offene Ladenkasse

Die offene Ladenkasse funktioniert ohne technische Unterstützung und wird deshalb auch Schubladenkasse genannt. Sie ist häufig bei Kleinstbetrieben oder Markthändlern im Einsatz.
Auch wenn sich die gesetzlichen Verschärfungen des Kassenrechts überwiegend auf elektronische Kassen beziehen, darf der Aufwand, der bei Verwendung einer offenen Ladenkasse zu betreiben ist, nicht unterschätzt werden. Denn für Bareinnahmen und -ausgaben gilt grundsätzlich eine Einzelaufzeichnungspflicht. Das heißt, dass jeder einzelne Verkaufsvorgang handschriftlich dokumentiert werden muss. Aufzuzeichnen sind unter anderem der Name und die Anschrift des Käufers, die genaue Bezeichnung des Artikels bzw. der Dienstleistung, der Zahlungsbetrag getrennt nach Steuersätzen (7 oder 19 Prozent), der Steuer- und der Gesamtbetrag. Elektronische Kassen erledigen das automatisch. Da sich die Einzelaufzeichnungspflicht „im Rahmen des Zumutbaren“ bewegen muss, kann hierauf insbesondere beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen (z.B. Markstand, Bäcker) verzichtet werden.
Zu bedenken ist allerdings, dass Betriebsprüfer angewiesen sind, gerade bei offenen Ladenkassen ganz genau hinzuschauen. Besonderes Augenmerk sollte daher auf einen fortlaufend nummerierten, täglichen Kassenbericht gelegt werden. Dabei müssen die Tageseinnahmen durch Rückrechnung (retrograd) aus dem gezählten Kassenbestand richtig und nachvollziehbar ermittelt werden können (Kassensturzfähigkeit). Es empfiehlt sich zudem, die Kassenberichte (nach Geschäftsschluss) mit Datum und Uhrzeit zu unterzeichnen.

2.2. Elektronische Kassen

Hinsichtlich des Einsatzes von elektronischen Registrierkassen, PC-Kassensystemen, Cloud-basierter App-Lösungen oder anderen elektronischen Aufzeichnungssysteme gelten folgende besonderen Anforderungen und Aufbewahrungsmodalitäten:
  • Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (tSE):
    Seit dem 1. Januar 2020 müssen alle elektronischen Kassen mit einer tSE ausgestattet werden. In Niedersachsen wurde den Unternehmen bei Vorliegen besondere Härten eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2021 gewährt (siehe: Kassenaufrüstung TSE - Gewährung einer antragslosen, stillschweigenden Fristverlängerung). Mit der tSE soll (technisch) verhindert werden, dass Kassendaten nachträglich und unerkannt gelöscht oder verändert werden. Die tSE besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle. Die Bestimmung und Zertifizierung der technischen Anforderungen erfolgt durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Siehe auch: Information des BSI zur tSE
  • Meldepflicht der tSE-Kassen:
    Die Meldepflicht, wonach tSE-Kassen beim Finanzamt (auf elektronischem Wege) angemeldet werden müssen, bleibt bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit ausgesetzt (Anwendungserlass vom 6. November 2019).
  • Altgeräte:
    Nicht nachrüstbare elektronische Registrierkassen, welche nach dem 25. November 2010 und vor dem 1. Januar 2020 angeschafft wurden, durften bis zum 31. Dezember 2022 weiter genutzt werden, sofern diese der „Kassenrichtlinie“ entsprachen.
  • Einzelaufzeichnungspflicht:
    Jeder Verkaufsvorgang muss seit dem 29. Dezember 2016 detailliert im elektronischen System aufgezeichnet werden. Konkret heißt das, dass möglichst unmittelbar zu der Entstehung des jeweiligen Geschäftsvorfalles aufzuzeichnen sind:
    • der/die verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel/Dienstleistung,
    • der endgültige Einzelverkaufspreis,
    • der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag,
    • vereinbarte Preisminderungen,
    • die Zahlungsart,
    • das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes,
    • die verkaufte Menge bzw. Anzahl sowie
    • der Name des Vertragspartners.
  • Belegausgabepflicht:
    Seit dem 1. Januar 2020 gilt eine Belegausgabepflicht für elektronische Kassen. Sie verpflichtet die Unternehmen zur Ausstellung eines Kassenbons. Aus Gründen der Praktikabilität können sich jedoch Unternehmen, die Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkaufen, vom Finanzamt von der Belegausgabepflicht befreien lassen. Siehe auch: FAQ-Katalog des BMF zur Belegausgabepflicht
  • Verfahrensdokumentation:
    Es muss eine Verfahrensdokumentation erstellt und bereitgehalten werden, in der die wichtigsten Eckdaten dokumentiert sind. Hierzu zählen z. B. das eingesetzte Kassenfabrikat mit Seriennummer, Einsatzort und -zeitraum nebst Ausfallzeiten, Handbücher mit Bedienungs- und Programmieranleitungen, eine technische Systemdokumentation mit Programmierungen bzw. -änderungen sowie Nutzungsprotokolle mit Benennung der Anwender und Datenänderungen etc.

3. Weiterführende Informationen


Stand: 16.10.2023