Recht und Steuern

Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld

Wenn eine Arbeitnehmerin schwanger ist, stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, was er nun alles beachten muss bzw. welche Rechte und Pflichten nun bestehen. Häufig wird im Anschluss an den Mutterschutz auch Elternzeit genommen. Welche Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten der werdenden Mütter bestehen? Wann besteht ein Beschäftigungsverbot und was regelt der besondere Kündigungsschutz der schwangeren oder stillenden Frau? Wann besteht ein Anspruch auf Elternzeit? Gibt es Besonderheiten während der Corona-Pandemie?

1. Mutterschutz

Die gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG). Es gilt nach § 1 des MuSchG für alle (werdenden) Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, somit auch für Teilzeitbeschäftigte, be fristet Angestellte (solange das befristete Arbeitsverhältnis besteht), Hausangestellte und Heimarbeiterinnen und für Frauen, die sich in der beruflichen Ausbildung befinden – sofern dieses auf einem Arbeitsvertrag beruht. Der Geltungsbereich erstreckt sich auch auf diejenigen Frauen, die sich in einem sozialversicherungsfreien Arbeitsverhältnis (geringfügig Beschäftigte) befinden. Nicht anwendbar ist das Gesetz jedoch für Selbständige.

Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten der werdenden Mütter

Nach § 5 Absatz 1 MuSchG sollen die werdenden Mütter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung, sobald ihnen der Zustand bekannt ist, mitteilen. Der Arbeitgeber hat daraufhin unverzüglich die Aufsichtsbehörde von der Mitteilung der werdenden Mutter zu benachrichtigen. Ein entsprechendes Formular für die Arbeitgeber steht auf den Seiten der Gewerbeaufsicht in Niedersachsen zur Verfügung. Eine Benachrichtigungspflicht seitens des Arbeitgebers gegenüber der Krankenkasse besteht jedoch nicht.

Beschäftigungsverbote und Mutterschaftsgeld für werdende Mütter

Die Mitteilung der werdenden Mutter über die Schwangerschaft hat Auswirkungen so wohl hinsichtlich der Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Schwangerschaft als auch an die Beachtung genereller und individueller Beschäftigungsverbote und die Einhaltung gesetzlich vorgesehener Schutzfristen. Im Rahmen dessen ist der Arbeitsplatz der werdenden Mutter so zu gestalten, dass jegliche Gesundheitsgefahren vermieden werden. In Zweifelsfällen kann mit der Aufsichtsbehörde geklärt werden, ob der konkrete Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen zu einer Gefährdung der werdenden Mutter führen können. Des Weiteren enthalten die §§ 3-8 MuSchG Beschäftigungsverbote die teilweise ohne Rücksicht auf den Willen oder die körperliche Verfassung der Arbeitnehmerin gelten.
In den letzten sechs Wochen vor der Entbindung dürfen werdende Mütter grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden, es sei denn sie erklären sich jederzeit frei widerruflich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit und setzen damit das Beschäftigungsverbot außer Kraft (§ 3 Absatz 1 MuSchG).
Nach der Entbindung besteht gem. § 3 Absatz 2 MuSchG eine nachgeburtliche Mutterschutzfrist von acht Wochen. Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen bei Frühgeburten, bei Mehrlingsgeburten und, wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird. Auf dieses Beschäftigungsverbot kann die Mutter nicht verzichten. Für den Entbindungstag und die Zeiten des sechswöchigen pränatalen und des achtwöchigen postnatalen Beschäftigungsverbots sehen die §§ 19 und 20 MuSchG ein Mutterschaftsgeld sowie einen Zuschuss des Arbeitgebers vor. Das Mutterschaftsgeld beträgt für Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse höchstens dreizehn Euro für den Kalendertag. Der Zuschuss des Arbeitgebers beläuft sich damit auf die Differenz zwischen dreizehn Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt. Ausschlaggebend sind hierbei die letzten drei abgerechneten Monate vor Beginn der Schutzfrist. War das Beschäftigungsverhältnis kürzer als drei Monate, ist der Berechnung der tatsächliche Zeitraum des Beschäftigungsverhältnisses zugrunde zu legen.
Hinweis: Der Arbeitgeber bekommt von der Krankenkasse auf Antrag den Mutterschutzlohn sowie den Arbeitgeberzuschuss in voller Höhe erstattet.

Kündigung

§ 17 MuSchG regelt den besonderen Kündigungsschutz der schwangeren oder stillenden Frau. Er sieht vor, dass eine Kündigung gegenüber einer Frau unzulässig ist, wenn sie während der Schwangerschaft oder bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ausgesprochen wird. Ebenfalls unzulässig ist eine Kündigung bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche. Dieser Kündigungsschutz findet keine Anwendung auf sonstige Auflösungsinstrumente wie z. B. eine wirksame Befristung oder einen Aufhebungsvertrag. Das Kündigungsverbot beginnt ab Eintritt der Schwangerschaft. Für die Berechnung des genauen Termins der Schwangerschaft ist nach § 15 Absatz 2 MuSchG von dem ärztlichen Zeugnis auszugehen. Darin ist der mutmaßliche Geburtstermin angegeben, von dem an 280 Tage zurückzurechnen sind. Der Tag der Entbindung wird hierbei nicht mitgezählt. Die Arbeitnehmerin kann auch nicht im Vorfeld auf ihren Sonderkündigungsschutz verzichten. Ausnahmsweise darf eine Kündigung - schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes - ausgesprochen werden, wenn die Aufsichtsbehörde sie vorher ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Dies geschieht jedoch nur in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen dürfen (z. B. bei Existenzgefährdung des Arbeitgebers oder bei einer Stilllegung des Betriebes). Der Sonderkündigungsschutz findet keine Anwendung auf sonstige Möglichkeiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z. B. eine wirksame Befristung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages oder einen Aufhebungsvertrag. Soweit der Arbeitgeber den befristeten Vertrag allerdings wegen der Schwangerschaft nicht verlängert, kann er sich aufgrund eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schadensersatzpflichtig machen. Neben dem Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz kann sich die Arbeitnehmerin auf alle sonstigen Kündigungsschutzvorschriften berufen. Die werdende Mutter kann während der Schwangerschaft und der Schutzfrist nach der Entbindung das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfristen kündigen.

2. Elternzeit und Elterngeld

Die Elternzeit und das Elterngeld sind im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelt. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zweck des Gesetzes ist es, die Betreuung und Erziehung von Kindern in den ersten Lebensjahren dadurch zu fördern, dass den Eltern die Möglichkeit eingeräumt wird, sich unbezahlt von der Arbeit freistellen zu lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet  sind oder in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben oder ob der jeweilige Elternteil alleinerziehend ist. Der Anspruch auf Elternzeit kann nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Nach § 15 BEEG haben Mütter und Väter je einen Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Einen Anteil von bis zu 24 Monaten der dreijährigen Elternzeit kann auf die Zeit bis zum achten Geburtstag des Kindes übertragen werden. Die Elternteile können die Elternzeit entweder einzeln oder auch gemeinsam nehmen. Die Inanspruchnahme der Elternzeit setzt jedoch einen schriftlichen Antrag beim Arbeitgeber voraus. Nach § 16 Absatz 1 BEEG muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer spätestens sieben Wochen und für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes spätestens 13 Wochen vor Beginn die Elternzeit schriftlich verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer die Elternzeit zu bescheinigen. Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Mit dem Ablauf der Elternzeit endet auch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss ohne Aufforderung seitens des Arbeitgebers in den Betrieb zurückkehren, wobei kein Anspruch auf den alten Arbeitsplatz besteht. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch entsprechend den Regelungen des Arbeitsvertrages beschäftigt zu werden. Während der Elternzeit ist eine Erwerbstätigkeit zulässig, wenn die vereinbarte Arbeitszeit für jeden Elternteil, der die Elternzeit in Anspruch nimmt, 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt nicht übersteigt.
Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber als dem, der die Elternzeit gewährt, oder die Aufnahme einer Selbständigkeit bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers. Eine Verweigerung der Zustimmung ist nur innerhalb von vier Wochen schriftlich aus dringenden betrieblichen Gründen zulässig. Möchte der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Erwerbstätigkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz mit verringerter Arbeitszeit fortsetzen, so sollten sich beide Seiten innerhalb von vier Wochen nach Beantragung der Teilzeitarbeit einigen. Arbeitnehmer können nach einem Scheitern der Einigung mit dem Arbeitgeber über die Teilzeitregelung grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverringerung unter folgenden Voraussetzungen geltend machen:
  • der Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Personen in Berufsbildung);
  • Arbeitsverhältnis des Antragstellers besteht in dem Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate;
  • angestrebt ist eine Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt;
  • keine entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe;
  • schriftlicher Antrag des Arbeitnehmers mit Angaben zu Beginn und Umfang der verringerten Arbeitszeit;
  • der Arbeitgeber wurde rechtzeitig über den Anspruch auf Teilzeit schriftlich informiert. Für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes muss die Mitteilung spätestens sieben Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit erfolgen. Für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr muss die Mitteilung spätestens 13 Wochen vorher erfolgen. 
Beabsichtigt der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit abzulehnen, so muss er dies innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung mit schriftlicher Begründung tun. Lehnt der Arbeitgeber den Teilzeitantrag in einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr nicht spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags bzw. bei einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags ab, gilt die Zustimmung des Arbeitgebers grundsätzlich als erteilt. Leistet die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der Elternzeit keine Teilzeitarbeit, kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers für das Urlaubsjahr zusteht, entsprechend § 17 BEEG für jeden vollen Monat der Elternzeit, um ein Zwölftel kürzen.

Kündigung und Kündigungsschutz

Grundsätzlich gilt auch während der Elternzeit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Neben dem KSchG gilt zusätzlich der besondere Kündigungsschutz nach dem BEEG. Nach § 18 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit angemeldet wurde, frühestens jedoch acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes bzw. 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit zwischen dem dritten und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nicht kündigen. Mit Ablauf der Elternzeit endet auch der besondere Kündigungsschutz nach dem BEEG. Zu beachten ist, dass der besondere Kündigungsschutz, im Falle eines Abwechselns der Eltern bei der Elternzeit, nur für den sich gerade in der Elternzeit befindlichen gilt. Für die dazwischen liegenden Arbeitszeitabschnitte der Eltern findet der besondere Kündigungsschutz nach dem BEEG keine Anwendung.
In besonderen Fällen kann abweichend hiervon die Aufsichtsbehörde ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklären. Im Rahmen dessen muss der Arbeitgeber zunächst die Einwilligung der Kündigung bei der Aufsichtsbehörde einholen. Diese wird in der Regel nur dann erteilt, wenn der Betrieb eingestellt wird oder seine Existenz gefährdet ist.
Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen (§ 19 BEEG).
Adressen der zuständigen Aufsichtsbehörden im Bereich der IHK Hannover:
Stadt und Region Hannover,
Landkreise Diepholz und Nienburg
Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover
Freundallee 9a
30173 Hannover
Tel.: 0511/9096-0
Fax: 0511/9096-199
Landkreise Göttingen und Northeim
Staatliches Gewerbeaufsichtsamt
Göttingen

Alva-Myrdal-Weg 1
37085 Göttingen
Tel.: 0551/5070-01
Fax: 0551/5070-250
Landkreise Hildesheim, Hameln-Pyrmont,
Holzminden, Schaumburg
Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim
Goslarsche Str. 3
31134 Hildesheim
Tel.: 05121/163-0
Fax: 05121/163-999
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Stand: 03.01.2024