Recht und Steuern

Arbeitszeugnis

Welche Zeugnisarten gibt es? Muss ein Zeugnis schriftlich erteilt werden? Was gehört in ein Arbeitszeugnis? Wie ist der Aufbau eines Arbeitszeugnisses? Was ist ein Zeugnisberichtigungsanspruch? Kann ein Zeugnisanspruch verjähren?
Die Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Arbeitszeugnisses stellen die §§ 630 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 109 Gewerbeordnung (GewO) und für Auszubildende § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG) dar. Dahingehend heißt es in § 109 GewO, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hat. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken. Danach haben neben den Arbeitnehmern grundsätzlich auch die arbeitnehmerähnlichen Personen wie Heimarbeiter, freie Mitarbeiter, Auszubildende und Leiharbeitnehmer den Zeugnisanspruch. Dieser Anspruch entsteht „bei Beendigung“ des Arbeitsverhältnisses, also spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist.

1. Zeugnisarten


Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen einem einfachen Zeugnis, welches sich lediglich auf den Nachnamen, Vornamen, Beruf und Titel des Beschäftigten, die Art und Dauer des Dienstverhältnisses erstreckt und dem qualifizierten Zeugnis

Ein einfaches Arbeitszeugnis kann beispielsweise wie folgt lauten:

Herr/Frau ……, geb. am …… in ……, war vom …… bis zum …… als …….. in unserem Unternehmen tätig. Er/Sie war im Wesentlichen mit folgenden Aufgaben befasst: ……
Das Arbeitsverhältnis endet mit dem heutigen Tag im gegenseitigen Einvernehmen.

Das qualifizierte Zeugnis enthält zusätzlich zu dem Inhalt des einfachen Zeugnisses Angaben über die Leistung und die Führung bzw. Verhalten des Beschäftigten. Darüber hinaus gibt es noch das Zwischenzeugnis. Hier steht den Arbeitnehmern nur in 
Ausnahmefällen ein Anspruch zu (z. B. wenn der Vorgesetzte wechselt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Kündigung in Aussicht stellt, im Falle einer Betriebsnachfolge oder eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB, bei anderweitiger Bewerbung, bei Insolvenz, bei Bewerbungen, für Kreditanträge, zur Vorlage bei Gerichten oder Behörden, bei längerer Arbeitsunterbrechung oder bei Fort- und Weiterbildung). Es muss mithin ein berechtigtes Interesse vorliegen.

2. Zeugnisform


Nach § 109 Absatz 1 GewO ist das Zeugnis schriftlich zu erteilen. Die elektronische Form ist in § 109 Absatz 3 GewO ausdrücklich ausgeschlossen. Weiterhin muss das Zeugnis auf Geschäftspapier (Firmenbogen) ausgestellt werden, sofern das Unternehmen Geschäftspapier besitzt und im Geschäftsverkehr auch benutzt. Unterschrieben werden muss das Zeugnis im Original - grundsätzlich vom Aussteller (Arbeitgeber oder einem Vertreter des Arbeitgebers) mit einem dokumentenechten Stift.

3. Inhalt des Zeugnisses


Das Zeugnis soll ein Gesamtbild des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitnehmers wiedergeben. Hat der Arbeitgeber bereits ein Zwischenzeugnis erteilt, dann ist er grundsätzlich an diesen Aussagen und Formulierungen gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn 
er dafür nicht verantwortlich war, weil er z. B. durch einen Betriebsübergang erst später in das Arbeitsverhältnis eingetreten ist. Inhaltlich müssen das Gebot der Zeugniswahrheit und der wohlwollenden Beurteilung beachtet werden. Bei den Formulierungen sollte darauf geachtet werden, dass weder verschlüsselte, widersprüchliche noch doppeldeutige Aussagen gemacht werden. Der Grundsatz der Zeugniswahrheit wird insofern er gänzt durch das Verbot, das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers zu erschweren.

Für die Beurteilung der Leistung haben sich feste Formulierungen eingebürgert, die einer Notenskala entsprechen:
„sehr gut“
...stets zu unserer vollsten Zufriedenheit...
„gut“

...zu unserer vollsten Zufriedenheit.../
...stets zu unserer vollen Zufriedenheit...
„befriedigend“
...zu unserer vollen Zufriedenheit.../
…stets zu unserer Zufriedenheit…
„ausreichend“
...zu unserer Zufriedenheit...
„mangelhaft“
...insgesamt zu unserer Zufriedenheit.../
...war bemüht zu unserer Zufriedenheit...
Für die Beurteilung der persönlichen Führung hat sich folgende Formulierungspraxis entwickelt:
„sehr gute Führung“
…war stets vorbildlich…
„gute Führung“
…war vorbildlich…
„voll befriedigende Führung“
…war stets einwandfrei/korrekt…
„befriedigende Führung“
…war einwandfrei/korrekt…
„ausreichende Führung“
…war ohne Tadel…
„mangelhafte Führung“
…gab zu keiner Klage Anlass…
„unzureichende Führung“
Über ihn/sie ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden.
Abmahnungen, Beendigungsgründe (nur auf ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters), Einkommen, Fehlzeiten (nur, wenn sie außer Verhältnis zur tatsächlichen Arbeitsleistung stehen), fristlose Kündigung, Gesundheitszustand, Krankheiten, Straftaten, Vertragsbrüche, etc. dürfen nicht in einem Arbeitszeugnis erwähnt werden. Vielfach finden sich in Arbeitszeugnissen auch Hinweise, dass der Arbeitgeber für Nachfragen zur Arbeitsqualität des Arbeitnehmers zur Verfügung stehe. Auch solche Hinweise sind im Allgemeinen nicht zulässig und verstoßen gegen § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO.

Vielfach kommt es vor, dass ausscheidende Arbeitnehmer Wünsche für die Zeugniserstellung äußern oder gar einen Zeugnisentwurf dem Arbeitgeber vorlegen. Hier gilt, dass der Arbeitgeber weder berechtigt ist, einen solchen Entwurf von dem Arbeitnehmer zu verlangen noch ist er verpflichtet, dem Zeugnisentwurf des Arbeitnehmers zu folgen. Aussteller des Zeugnisses bleibt einzig und allein der Arbeitgeber.

4. Der Aufbau des Zeugnisses

Hinsichtlich der Formulierung von qualifizierten Arbeitszeugnissen hat sich folgendes Aufbauschema entwickelt und in der Praxis durchgesetzt:
Überschrift
Zeugnis, Arbeitszeugnis, Zwischenzeugnis, Ausbildungszeugnis oder Praktikantenzeugnis
Einleitung
Persönliche Daten des Arbeitnehmers und Dauer des Arbeitsverhältnisses
Tätigkeitsbeschreibung
Tätigkeitsbeschreibung, Kompetenzen und hierarchische Position
Leistungsbeurteilung
Arbeitsbereitschaft (Motivation), Arbeitsbefähigung (Belastbarkeit, Fachkenntnisse, Weiterbildungsaktivitäten), Arbeitsweise (Arbeitsökonomie, Arbeitstempo, Durchsetzungsfähigkeit), 
Arbeitserfolg (Arbeitsqualität) und die Führungsleistung bei Führungskräften
Verhaltensbeurteilung
Persönliches Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen und Dritten (z. B. Lieferanten, Kunden)
Schlussformulierung
Kein Anspruch auf Dank und gute Wünsche: Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 11.12.2012, Az.: 9 AZR 227/11
Unterschrift des Zeugnisausstellers
Ausstellungsdatum, Ort und Unterschrift einschließlich maschinenschriftlich und Hinweis auf die Rechtsstellung des Ausstellers

5. Aushändigung des Zeugnisses

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer sein Zeugnis selbst abholen. Es handelt sich hier bei, wie auch bei den anderen Arbeitspapieren des Arbeitnehmers, um eine Holschuld. Der Arbeitgeber muss jedoch spätestens zum letzten Tag des Ablaufs der Kündigungsfrist das Arbeitszeugnis zusammen mit den anderen Arbeitspapieren bereithalten. Andernfalls muss er dem Arbeitnehmer auf seine Gefahr und seine Kosten das Zeugnis übersenden. Ein Zurückbehaltungsrecht kann der Arbeitgeber, selbst bei Vertragsbruch, nicht gelten machen, da dies das Fortkommen des Arbeitnehmers übermäßig erschweren würde. Ebenso wenig darf die Zeugniserteilung zeitlich verzögert werden. 

6. Zeugnisberichtigungsanspruch


Hat der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann der Arbeitnehmer ggf. einen Zeugnisberichtigungsanspruch vor dem Arbeitsgericht erheben. Meistens geht es hier um die Streichung falscher, widersprüchlicher oder aber auch verschlüsselter Formulierungen und weniger darum, welche vom Arbeitnehmer gewünschten Formulierungen in das Arbeitszeugnis aufzunehmen sind. 

6. Verjährung des Zeugnisanspruchs


Auf die Erteilung des Zeugnisses besteht kein Anspruch auf Dauer. Der Anspruch kann vielmehr durch arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen begrenzt sein. Die gesetzliche Verjährungsfrist für den Zeugnisanspruch beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. 
Da die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, verjährt der Anspruch mit Ablauf des dritten vollen Kalenderjahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Unabhängig von den verjährungsrechtlichen Vorschriften kann der Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers auch verwirkt sein. Eine Verwirkung kann eintreten, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend gemacht wird und bei dem Arbeitgeber dadurch die Überzeugung entsteht, der Zeugnisanspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Eine starre Grenze für die Verwirkung gibt es jedoch nicht, vielmehr handelt es sich hierbei immer um eine Einzelfallentscheidung. Das Bundesarbeitsgericht hatte diesbezüglich einmal entschieden, dass das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes nach 10 Monaten erfüllt sein kann (BAG, Urteil v. 17.02.1988, Az. 5 AZR 638/86). Aber auch hier ist danach zu differenzieren, welche Art des Zeugnisses verlangt wird. Ein einfaches Zeugnis, das lediglich die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer dokumentiert, wird der Arbeitgeber in aller Regel auch noch nach einigen Monaten erstellen können.

Hinweis:
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Industrie- und Handelskammer Hannover – nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde.

Stand: 03.01.2024