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Sales and Use Tax: Was für deutsche Unternehmer wichtig ist

Die Sales Tax ist so etwas wie das amerikanische Pendant zur deutschen Umsatzsteuer und nicht minder kompliziert. Gegenüber der deutschen Umsatzsteuer gewinnt sie eigentlich noch an Komplexität, denn ein einheitlicher Satz, der flächendeckend für alle 50 Bundesstaaten gilt, existiert in den USA nicht: Auf Ebene des Bundesstaates sind es in Kalifornien derzeit beispielsweise 7,25 Prozent. In Colorado hingegen nur 2,9 Prozent. Und in Delaware oder New Hampshire ist die Sales Tax noch nicht einmal Thema. Hier gibt es sie nämlich gar nicht. Unabhängig davon haben sogar einzelne Kommunen die Möglichkeiten an der Steuerschraube zu drehen, so dass die Sales Tax nicht nur zwischen sondern auch innerhalb eines Bundesstaates variieren kann. Wie etwa im Bundesstaat Alaska.
In einem solch komplexen Regelwerk den Überblick zu behalten, dürfte selbst amerikanischen Unternehmern schwer fallen. Deutschen Unternehmern, die in und mit den USA Handel treiben, damit erst recht.
Wir haben nachgehakt. Ralf Rüdenburg leitet den German Desk beim Wirtschaftsberatungsunternehmen PKF O'Connor Davies, LLP mit Sitz in New York. Für hiesige Unternehmer hat er ein paar Hinweise parat, die beim Thema Sales und Use Tax beachtet werden sollten. Aber von Anfang an:
Herr Rüdenburg, wel­che Tätig­kei­ten eines Unter­neh­mens wer­den in den USA überhaupt durch die Sales and Use Tax besteu­ert?
„Normalerweise kommt die Sales Tax immer dann zum Tragen, wenn materielle Güter in einem Bundesstaat verkauft oder bestimmte Dienstleistungen erbracht werden. Die US-Bundesstaaten dürfen aber autonom entscheiden, was und wie hoch sie Umsätze in ihrem Staat besteuern wollen. Während es beispielsweise in Delaware die Sales Tax schlichtweg nicht gibt und in diversen Staaten zwar materielle Güter aber nur bestimmte Dienstleistungen besteuert werden, kann man in Hawaii oder South Dakota grundsätzlich davon ausgehen, dass die meisten Dienstleistungen der Sales Tax unterliegen. Washington D.C. erhebt eigentlich auf alle Softwareverkäufe eine Sales Tax. In Kalifornien passiert dies nur in Ausnahmefällen. Eine pauschale Antwort gibt es also leider nicht.“  
Die Sales und Use Tax wird, ebenso wie die deutsche Umsatzsteuer, in der Regel dem amerikanischen Endverbraucher auferlegt. Einbehalten und abführen muss sie allerdings der Verkäufer. Nun haben Deutschland und die USA sich aber auf ein Doppelbesteuerungsabkommen geeinigt, dass vorsieht, dass gewerbliche Einkünfte in den USA nur dann besteuert werden, wenn eine Betriebsstätte besteht. Hat sich das Thema Sales und Use Tax damit für alle deutschen Unternehmen, die keine US-Betriebsstätte, also keine Produktion oder Büro in den USA haben, damit erledigt?
„Leider gilt das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA nicht für die Sales Tax in den USA oder die Umsatzsteuer in Deutschland. Auf Bundesstaatenebene wird der Begriff des „Nexus“ verwendet, um festzustellen, ob eine Verpflichtung besteht, sich für die Sales Tax zu registrieren und Steuererklärungen abzugeben. Eine phy­si­sche Prä­senz, bei­spiels­weise durch Mitarbeiter vor Ort, ein Büro oder vielleicht einen Show-Room, ist zwar immer noch das eindeutigste Kriterium für die Begründung der Steuerpflicht auf Bundesstaatenebene, seit dem Wayfair-Urteil aus dem Jahr 2018 allerdings längst nicht mehr das alleinige für die Sales Tax. Eine gewisse Umsatzhöhe, beziehungsweise eine gewisse Anzahl von Transaktionen, ist in vielen US-Bundesstaaten inzwischen ausreichend für den Tatbestand des sogenannten „Economic Nexus“ mit der Folge, das sich Unternehmen für Sales Tax Zwecke registrieren müssen. Relevant wird dies für deutsche Unternehmen, die an Endkunden, Großhändler oder produzierende Unternehmen liefern. Die Höhe der Umsatz-, bzw. Transaktionsschwelle ist übrigens von Staat zu Staat recht unterschiedlich. In New York liegt sie derzeit bei 500.000 USD und 100 Transaktionen, wohingegen in Georgia 100.000 oder 200 Einzeltransaktionen ausreichend sind.“
Viele deutsche Unternehmen, beispielsweise Online-Händler, dürften diese jährlichen Schwellen gar nicht erreichen. Können diese sich also doch etwas zurücklehnen?
„Nicht unbedingt. Gerade deutsche Online-Händler tappen immer wieder in eine andere Falle des US-amerikanischen Umsatzsteuerrechts. Zum Beispiel solche, die den Fullfillment Service von Amazon oder einer anderen Verkaufs- und Versandplattform nutzen. Warenlager begründen in den allermeisten US-Bundesstaaten eine Steuerpflicht. Und das gilt auch wenn es nicht das eigene Lager, sondern das eines Dienstleisters ist, in dem die eigenen Produkte bis zur Auslieferung an den Kunden gelagert werden.“
Das heißt, jede Online-Plattform mit angeschlossenem Warenlager, die deutsche Händler nutzen, um ihre Produkte in den USA zu vertreiben, würde automatisch eine steuerliche Registrierung in den USA erforderlich machen?
„Nicht unbedingt. In Virginia ist der Umstand Ware in einem FBA Center zu lagern beispielsweise allein nicht ausreichend, um einen Nexus zu begründen. Zusätzlich sollten deutsche Online-Händler überprüfen, ob die jeweiligen Anbieter dieser Plattformen nicht selbst in dem jeweiligen Bundesstaat steuerlich registriert sind und die anfallende Sales Tax dem Kunden in Rechnung stellen und an den Bundesstaat abführen. Deutsche Unternehmen sollten diese Frage unbedingt mit dem Plattformanbieter besprechen und eine entsprechende Dokumentation für den Fall einer steuerlichen Betriebsprüfung in den USA vorhalten.“
Und wenn nun eine Steuerpflicht in den USA besteht – Was dann?
„Dann muss sich das Unternehmen in den betreffenden Bundesstaaten an den „Secretary of State“ wenden und zunächst eine mit der deutschen Gewerbeanmeldung zu vergleichende Gewerbeerlaubnis beantragen. Danach erfolgt die Registrierung für Sales and Use Tax. Dieser Vorgang hat in den meisten Bundesstaaten zur Folge, dass auch eine Registrierung für die Unternehmenssteuern verlangt wird, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben sind. Hier ist also Vorsicht geboten!
Ein anderes Problem besteht darin, dass das Unternehmen sich auf Bundesebene möglicherweise absichern sollte, falls Unklarheiten im Hinblick darauf gegeben sind, ob eine Betriebsstätte vorliegt oder nicht. Dann wäre auf Bundesebene nämlich eine Unternehmenssteuererklärung abzugeben. Die Abgabe einer sogenannten „Protective Return“ dient in solchen Fällen unter anderem dazu, den Bundessteuerbehörden mitzuteilen, dass man der Auffassung ist, dass keine Betriebsstätte gegeben ist. Ausserdem beginnen durch die Abgabe einer solchen Erklärung Verjährungsfristen. Ein Veranlagungszeitraum ist nach drei Jahren abgeschlossen.
Für die Steuererklärung auf Bundesebene ist eine Steuernummer – eine sogenannte „Federal Employment Identification Number“ (FEIN) - erforderlich. Diese wird auch zur Abgabe von Erklärungen auf Bundesstaatenebene verwendet und kann auf der Webseite des „Internal Revenue Service“ (IRS) beantragt werden, wenn eine sogenannte „Responsible Party“, also in der Regel der/die Geschäftsführer(in) oder ein(e) Gesellschafter(in) des Unternehmens eine US Sozialversicherungsnummer angeben kann. Liegt eine solche Nummer nicht vor, weil die Person nicht im US-System gemeldet ist, kann die FEIN per Post, Fax und in manchen Fällen auch telefonisch beantragt werden.“
Und was müssen deutsche Unternehmer mit Blick auf die Rechnungsstellung beachten?
“Die Sales Tax ist vom Verkäufer in der Rechnung gesondert auszuweisen. Die Steuersätze und Bemessungsgrundlagen können dabei in den verschiedenen Bundesstaaten unterschiedlich sein. Hier gilt es aufmerksam zu sein – zumal sich die Steuersätze in den USA auch viel öfter verändern, als dies in Deutschland der Fall ist. Für B-2-B Geschäfte sind allerdings Netto-Rechnungen üblich, da diesbezüglich in den meisten Bundesstaaten Ausnahmen von der Sales Tax bestehen, insbesondere wenn Lieferungen an Wiederverkäufer erfolgen oder Produkte beim Empfänger im Rahmen eines produzierenden Gewerbes weiter verarbeitet werden.”
Hört sich nach viel Aufwand an.
„Nicht unbedingt mehr als dies in Deutschland der Fall ist. Wenn man mit den einzelnen Schritten im Prozess vertraut ist, ist die steuerliche Registrierung nicht schwer. Und die USA stellen sicherlich einen Markt dar, für den sich dieser Aufwand lohnt.“
Ein letzter Tipp von Ihnen?
„Ich empfehle deutschen Unternehmen, die regelmäßig Umsätze in den USA erzielen eine Zusammenarbeit mit einem US-Steuerberater, der sich mit den unterschiedlichen lokalen Regeln im Steuerrecht auskennt. So verpasst man nichts und erlebt auch keine bösen Überraschungen wie zum Beispiel hohe Steuernachzahlungen.“

Kontakt:
Ralf Rüdenburg steht deutschen Unternehmen als Leiter des German Desk des Wirtschaftsberatungsunternehmen PKF O'Connor Davies, LLP mit seinem steuerlichen Fachwissen und umfangreicher Erfahrung zur Verfügung: Profil, Telefon: 001 646 965 777 8, E-Mail: rruedenburg@pkfod.com






Ralf Rüdenburg, Partner und Leiter des German Desk, PFK O'Connor Davies, LLP
Stand: 18.03.2024