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Lebensmittelsicherheit in den USA: Andere Länder, andere Standards

Der US-Markt ist groß. Gehört zu den weltweit führenden Regionen der Lebensmittelindustrie. Und er ist fancy. Damit ist er für viele deutsche Exporteure interessant: Bier, Backwaren, Süßigkeiten aber auch diverse Zutaten oder Nahrungsergänzungsmittel aus Deutschland sind in den Regalen des amerikanischen Einzelhandels oder denen der weiterverarbeitenden Industrie gut vertreten.
Ungeachtet des Marktpotenzials und der vielen Erfolgsgeschichten, gibt es aber auch diverse Unternehmer, die vor einem Markteintritt zurückschrecken. Nicht nur wegen der Distanz und der Intensität des Wettbewerbs. Es sind die Geschichten über die Food and Drug Administration (FDA), also der staatlichen Behörde, der die Kontrolle sämtlicher in die USA in Verkehr gebrachten Lebensmittel obliegt. Aufwändig und kostenintensiv sei die Auseinandersetzung mit den amerikanischen Regularien. Für kleine Unternehmen kaum lohnend, wenn man sich der Umsätze nicht absolut sicher sei. Mär oder berechtigte Sorge?

Beatrice Moreau, Senior Regulatory Advisor beim internationalen Beratungsunternehmen Registrar Corp meint:
„Die Produkt- und Zulassungsstandards der USA sind andere als in Europa. Deswegen ist der Markteinritt für deutsche Hersteller natürlich mit einem Mehraufwand verbunden. Aber er ist nicht so aufwendig oder teuer, als dass er nicht von kleinen Unternehmen hervorragend gehandelt werden könnte. Ob erfolgreich oder nicht ist keine Frage der Unternehmensgröße, sondern eine Frage des Commitments.“
In neunzig Prozent der Fälle geht es in den Gesprächen hiesiger Unternehmer immer um die FDA. Neben der FDA gibt es aber auch zwei weitere relevante Behörden: US-DA und TTB? 
 
„Die FDA reguliert die meisten Lebensmittelprodukte, Getränke und Nahrungsergänzungsmittel. Fleisch- und Geflügelprodukte werden hingegen gemeinhin von dem US Department of Agriculture (USDA) reguliert. Manchmal ist es leider auch etwas komplizierter. Truthähne, Gänse oder Enten fallen zum Beispiel wieder in die Zuständigkeit der FDA. Und für Hersteller und Exporteure von alkoholischen Getränken gilt, dass sie sich zwar bei der FDA registrieren, ihre Etiketten allerdings vom Alcohol and Tobacco Tax and Trade Bureau (TTB) genehmigen lassen müssen. Eventuell müssen zusätzliche bundesstaatliche Besonderheiten beachtet werden. Kalifornien ist ja bekannt für seine eigenen Wege. Das ist im Lebensmittelbereich nicht anders“.

„Ausländische Unternehmer sprechen oft von  „FDA-Genehmigungen“, ergänzt Beatrice Moreau. „Die  FDA selbst genehmigt aber keine Lebensmittel, Getränke oder Nahrungsergänzungsmittel. Was sie aber macht, ist, Produkte, die den US-Vorschriften nicht genügen, am Zoll zu blockieren, Registrierungen zu löschen oder Warning Letters zu verschicken. Das passiert zum Beispiel, wenn die Produkt-kennzeichnung oder die Zutatenliste nicht den US-Standards entspricht. Die Registrierung nicht ordnungsgemäß ist. Oder die Qualitätsdokumentation Mängel aufweist.“

Die Registrierung, der FDA-Agent und die Prior Notice

Per Gesetz müssen sich alle Unternehmen, die Lebensmittel, Getränke oder Nahrungsergänzungsmittel herstellen, verarbeiten, verpacken oder lagern, die für den Verbrauch in den Vereinigten Staaten bestimmt sind, bei der U.S. FDA registrieren lassen. Was heißt das aber in der Praxis für Produkte, die von unterschiedlichen Betrieben hergestellt werden? Müssen sich beispielsweise Obstbauer, Saftproduzent, Abfüllbetrieb und auch der Händler, der den Apfelsaft letztendlich in die USA exportiert, alle bei der FDA registrieren?
„Die FDA erwartet nur die Registrierung des letzten Verarbeitungsbetriebes. In diesem Fall also dem Abfüllbetrieb. Wenn das Produkt allerdings beim Händler, also dem Exporteur gelagert wird, dann muss dieser sich auch registrieren. Dies ist eine Faustregel. Wertschöpfungsketten lassen sich schwerlich standardisieren. Deswegen lohnt hier eine Bestätigung von einem fachkundigen Experten immer. Die Registrierung muss übrigens immer uptodate sein – das betrifft auch jegliche Änderungen in Firmierung oder Gesellschafterstruktur. Alle paar Jahre werden – jeweils zum Ende des vierten Quartals – übrigens auch Erneuerungen der Unternehmensregistrierung gefordert.“

Die FDA schreibt bei der Registrierung die Benennung eines US-Agent vor. Welche Rolle hat er und wer kann das sein?
„Agent hört sich für manche deutsche Unternehmen besonders wichtig an. Wichtig ist der Mann oder die Frau – keine Frage. Aber es nicht so schwer einen passenden Agenten zu finden. Die FDA will eine lokale Kontaktperson für alle Angelegenheiten, die die Rücksprache benötigen. Komplikationen am Hafen zum Beispiel. Eine Inspektion der Produktionsstätte. Oder anderen behördlichen Angelegenheiten. Registrar Corp. erfüllt diese Rolle für mehr als 18 000 Firmen in der Welt.“
„Zusätzlich zur Registrierung müssen ausländische Exporteure von Lebensmitteln die Vorschriften der FDA zur Voranmeldung, der "Prior Notice" beachten“, ergänzt Beatrice Moreau. Sie  enthält wichtige Informationen über den Exporteur, den Importeur, das Produkt und über die Versandart. Wann die Vorankündigung eingereicht werden muss, hängt von der Versandart (Luft, Seeweg, Landweg usw.) ab. Einreichen kann sie eigentlich jeder, der an der Lieferung beteiligt ist – also der US-Agent, der Zollagent oder der Spediteur.

Die Kennzeichnung 
„Kennzeichnungsfehler führen zu mehr als 22 Prozent aller Zurückhaltungen von Produkten am Zoll. Die Vorgaben zu Tageswerten, Portionsgrößen oder Nährwerten sind wirklich andere als in Europa. Und auch das Format und die graphische Darstellung folgt anderen Regeln“, erklärt Beatrice Moreau.
Die Qualitätssicherung
Hersteller, die beabsichtigen, ihre fertigen Lebensmittel in den USA zu vertreiben, sollten regelmäßig die FDA-Qualitätsrichtlinien beachten. Hier gelten die Vorgaben des Food Safety Modernization Act (FSMA). Verglichen mit den International Featured Standards (IFS) sind in der Tat einige Unterschiede zu beachten, beispielsweise in Bezug auf die Präventivkontrollen, die Gefahrenanalyse bei tischfertigen Produkten oder auch auf die Qualifikationen der Personen, die präventive Kontrollen überhaupt durchführen dürfen. Aber es ist jetzt auch kein Hexenwerk.

Verwirrend für viele deutsche Unternehmen sind die unterschiedlichen Normen, die in den USA zur Qualitätssicherung heranziehen: HACCP, HARPC, cGMP. Sowohl HACCP als auch HARPC sind Lebensmittelsicherheitsstandards. Während HARPC aber für alle Lebensmittelbetriebe obligatorisch ist, gilt HACCP nur für bestimmte Produktkategorien – Fleisch-, Geflügel-, Meeresfrüchte- und Saftverarbeitungsbetriebe. Der Hauptunterschied zwischen diesen Standards liegt in der Definition von Gefahren. Die werden in HACCP auf Schadstoffe bezogen (reaktiver Ansatz) und in HARPC auf potenzielle Risiken (präventiver Ansatz). Die Standards kontrollieren und verhindern also unterschiedliche Sicherheitsniveaus. Und cGMP, Current Good Manufacturing Practice, meint nichts anderes, als die amerikanische Variante der Herstellungsstandards, die für Nahrungsergänzungsmittel gelten.

FDA is coming! Die Inspektion
„Die FDA hat die Befugnis, Inspektionen in deutschen Produktionsstätten vorzunehmen, wenn diese Produkte in den USA vertreiben. In Unternehmerkreisen hört man immer wieder, dass es eher Unternehmen mit „high-risk products“ trifft, Babynahrung zum Beispiel, Fisch- oder Meeresfrüchte oder Milchprodukte. Ist das wahr?“
 
„Grundsätzlich sollte sich jedes bei der FDA registrierte Lebensmittelunternehmen der Möglichkeit einer Inspektion bewusst sein. Das Unternehmen erhält von der FDA - in der Regel zwei bis drei Monate vor der geplanten Betriebsinspektion - eine entsprechende amtliche Benachrichtigung. Eine Inspektion kann, abhängig vom Fokus der Inspektion und den behördlichen Feststellungen vor Ort, bis zu drei Tagen dauern. Bestenfalls gibt es keine Beanstandungen. Sollte es doch welche geben, kann das Unternehmen sogar während der Inspektion darauf reagieren und direkt eine neue Verifizierung durchführen lassen. Wenn dies nicht möglich ist oder starke Mängel gegen die Vorschriften des Food, Drug & Cosmetic Act festgestellt worden sind, kommt das Formular 483 ins Spiel. Das Unternehmen hat dann Zeit, die beanstandeten Mängel innerhalb von 15 Tagen zu beseitigen und dies entsprechend zu belegen. Und selbst wenn es dies nicht schafft, gibt es immer noch eine zweite Stufe. Ein „warning letter“ und noch einmal 15 Tage. Erst danach kann es zu einem Einfuhrverbot kommen. Warning letters sind allerdings keine schöne Sache. Sie werden auf den Webseiten der FDA veröffentlicht und sind damit quasi für jeden zugänglich.“

Kontakt

Registrar Corp ist seit 2003 ein führender Anbieter von Beratungsdienstleistungen rund um das Thema FDA-Compliance. Mehr als 30.000 Unternehmen in 160 Ländern bietet das Unternehmen aktuell Hilfestellungen rund um die Registrierung, Kennzeichnung oder rechtlichen Bestimmungen der US-FDA an, wirkt als FDA Agent oder Vermittler bei Problemen am Zoll.  Beatrice Moreau führt als Senior Regulatory Advisor ein Team, dass sich um europäische Hersteller und Exporteure kümmert, die Unterstützung bezüglich der FDA Regularien bei Einfuhr in die USA benötigen.

 
Stand: 21.09.2023