Viele Beschäftigte fühlen sich sehr wohl in ihrem Beruf, klagen aber zugleich über hohen Leistungsdruck, eine mangelnde Fehlerkultur, zu wenig Lob und Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben. Welche Maßnahmen können den Stress im Alltag von Beschäftigten effizient reduzieren? Wie können Beschäftigte selbst mehr Ruhe in ihr Leben bringen? Welche Kraftquellen gibt es im sozialen Umfeld? Antworten auf diese Fragen liefert die im Oktober 2014 veröffentlichte Publikation „Alle Achtung vor dem Stress“ der Bertelsmann-Stiftung. Grundlage dafür war eine Diskussionsrunde mit 25 Experten.
Die Publikation gibt auf mehr als 30 Seiten neben acht Tipps zum Ent-Stressen (siehe Kurzversion unten) auch Anregungen, was Unternehmen tun können, um die Gesundheit nicht nur auf dem Papier, sondern in der realen Firmenkultur zu verankern. Ferner beinhaltet sie eine Liste der Vereine und Verbände für Burnout-Betroffene sowie Literaturtipps zum Thema Burnout.
8 Tipps zum Ent-Stressen
Erholungskompetenz erweitern: Die Vorstellung von Erholung ist immer noch die gleiche wie vor 30 Jahren: auf die Couch. Für Menschen, die am Computer arbeiten, sind aber Spazierengehen oder Sport die angemessene Erholung. Fragen Sie sich: Welche Tätigkeiten, die Sie mögen, stellen einen angenehmen Kontrast zu Ihrer Arbeit dar? Wählen Sie diese Tätigkeiten, um sich Ihrer Freizeit zu entspannen.
Aktiv abschalten: Fast 40 Prozent der Beschäftigten denken auch am Feierabend ständig an die Arbeit. Ein Ritual kann helfen, die Gedanken an die Arbeit loszulassen: zum Beispiel fünf Minuten Reflexion über den Tag, kurz bevor man geht. Notieren Sie kurz, was Ihnen heute gelungen ist oder was am nächsten Tag zuerst getan werden sollte.
Multitasking vermeiden: Das Gehirn arbeitet Aufgaben, die Konzentration erfordern, der Reihe nach ab. Studien zeigen, dass Aufgaben qualitativ schlechter abgearbeitet werden, wenn man versucht, sie zeitgleich zu erledigen. Verzichten Sie einen Tag lang auf Multitasking: beim Telefonieren keine Mails checken, beim Meeting nicht die Themen fürs nächste Meeting schreiben, beim Essen nicht über Arbeit reden.
Störungen streichen: Studien zeigen, dass man nach jeder Störung einige Minuten benötigt, bis man wieder konzentriert im Thema ist. Wer in 30 Minuten also drei Mal für zwei Minuten unterbrochen wird, braucht nicht 36 Minuten, sondern locker eine Stunde. Schaffen Sie störungsfreie Zeiten und erledigen Sie konzentriert eine (Teil-)Aufgabe zu Ende. Störer wehren Sie mit vorher überlegten Sätzen ab. Und fragen Sie sich: Welche Tricks der Selbststörung kenne ich?
Balance ist Verhandlungssache: Eigenverantwortung heißt auch, dass man seine Prioritäten selbst im Blick hat – und auch verteidigt. Das kann bedeuten, dass man seinem Chef erklärt, dass eine Zusatzaufgabe heute nicht fertig wird. Oder dass man mit dem Lebenspartner verhandelt, dass er mehr familiäre Aufgaben übernimmt.
Kraftquellen kennen und nutzen: Stress entsteht, wenn es ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen und den Möglichkeiten gibt, mit denen eine Aufgabe bewältigt werden kann. Wichtige Kraftquellen sind fachliche Fähigkeiten, Unterstützung von Chefs/Kollegen oder Handlungsspielräume. Fragen Sie sich: Welche Kraftquellen sind im Alltag stark, welche schwach ausgeprägt?
Pünktliche Pausen: „Pausen sind die Bandscheiben des Alltags“, sagen Fachleute. Weil sie Mini-Entspannung bringen und Überlastung vorbeugen. Dennoch lässt ein Viertel der Beschäftigten Pausen ausfallen und potenziert Stress. Faustregel: Am Bildschirm alle 60 Minuten eine kurze Pause, den Blick in die Weite schweifen lassen, Schultern entspannen, Hände ausschütteln. Nach 90 Minuten „Kopfarbeit“ braucht das Gehirn spätestens eine Denkpause: Kurz aufstehen, herumgehen, etwas trinken. Die Mittagspause sollte zumindest 30 Minuten dauern. Ideal danach ist ein kurzer Gang an der Luft. Auch nach Arbeitsende ist eine kurze Pause gesund, um Energie zu tanken für die nächste Aufgabe – zum Beispiel die Kinder.
Glaubenssätze beerdigen: Wenn etwas im Beruf schief geht oder sich ein Projekt verzögert, bedeutet das Stress. Doch häufig macht dies nur die Hälfte der gefühlten Belastung aus. Innere Überzeugungen treiben den Stresspegel weiter hoch. Etwa: „Ich muss das allein schaffen!“ oder „Der Chef darf davon nichts erfahren!“ Schreiben Sie Ihren stärksten stressverstärkenden Glaubenssatz auf und denken Sie an ein oder zwei Situationen, in denen dieser Satz eine Situation unnötig mit Stress aufgeladen hat. Werfen Sie das Papier in den Papierkorb. Die Symbolik erleichtert es, sich von Überzeugungen zu distanzieren.