Sachverständiger werden - wie geht das?

Sachverständiger wird man in einem Bestellungsverfahren, das die IHKs durchführen. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zählt zu den wichtigen hoheitlichen Aufgaben der Industrie- und Handelskammern in Deutschland. Die IHKs bestellen Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft.

Erklärfilm Sachverständige

1. Bedeutung der öffentlichen Bestellung

Mit einer öffentlichen Bestellung von Sachverständigen auf den Gebieten der Wirtschaft nach § 36 Gewerbeordnung stellt unsere IHK Gerichten, Behörden, Unternehmen und Privatpersonen besonders zuverlässige, glaubwürdige und auf einem bestimmten Sachgebiet besonders sachkundige und erfahrene Personen zur Verfügung.
Die öffentliche Bestellung erleichtert die Suche nach fachlich und persönlich besonders geeigneten Sachverständigen, weil diese überprüft worden sind und überwacht werden. Auftraggeber können deshalb darauf vertrauen, dass deren Gutachten unparteiisch, unabhängig und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet werden.

2. Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung

Die wesentlichen Voraussetzungen sind in § 3 der Sachverständigenordnung der IHK Hannover (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 99 KB) aufgeführt. Dabei sind insbesondere zu nennen:
-  Abstraktes Bedürfnis
Diese abstrakte, fachrichtungsbezogene Bedürfnisprüfung befasst sich mit der Frage, ob es notwendig ist, auf einem bestimmten Sachgebiet Sachverständige öffentlich zu erstellen. Dies ist nur der Fall, wenn auf dem beantragten Gebiet Sachverständigenleistungen in nicht unerheblichen Umfang nachgefragt werden.
-   Besondere Sachkunde
Die besondere Sachkunde ist durch den Bewerber nachzuweisen, wobei vor allem erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse, praktische Erfahrungen und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten, erforderlich sind. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde. Für die wichtigsten Sachgebiete gibt es so genannte fachliche Bestellungsvoraussetzungen die die Anforderungen an die besondere Sachkunde konkretisieren.
Zur besonderen Sachkunde gehört auch die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen nachvollziehbar sind. Nachvollziehbar sind sie, wenn sie so aufgebaut und begründet werden, dass ein fachlicher Laie (z. B. Richter) sie verstehen und auf ihre Plausibilität überprüfen kann; zugleich muss ein Fachmann die Gedankengänge und Argumente des Sachverständigen, die zu einem Ergebnis bzw. einer bestimmten Meinung führen, im Einzelnen überprüfen können. Schließlich gehören auch die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift und einschlägige Kenntnisse des deutschen Rechts (z. B. die Pflichten eines Gerichtsgutachters und eines Privatgutachters) dazu.
Jedem Interessenten für eine öffentliche Bestellung raten wir deshalb, sich sorgfältig, gründlich und gezielt vorzubereiten. Dies kann z. B. in Form des Selbststudiums, des Besuchs von Seminaren und Fachtagungen, der selbstständigen Tätigkeit als freier Sachverständiger oder in Form einer Mitarbeit bei einem öffentlich bestellten Sachverständigen geschehen.
-  Die persönliche Eignung
Der Bewerber soll nach seiner Persönlichkeit und seinem beruflichen und privaten Umfeld Gewähr dafür bieten, dass er seine Gutachtertätigkeit objektiv und unparteiisch ausüben wird. Wesentliche Eigenschaften in diesem Zusammenhang sind persönliche Zuverlässigkeit, Charakterstärke, Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Unabhängigkeit. Zur persönlichen Eignung gehören auch der Ruf und das Ansehen des Bewerbers in der Öffentlichkeit und bei seiner Berufsausübung. Interessenbindung jeder Art stellen die persönliche Eignung zunächst einmal grundsätzlich in Frage, weil die Sorge besteht, dass die Sachverständigentätigkeit möglicherweise nicht unabhängig ausgeübt werden kann und damit die Unparteilichkeit in den Augen der Öffentlichkeit nicht mehr gewährleistet ist.
-  Weitere Voraussetzung
Weitere Voraussetzung für eine öffentliche Bestellung muss der Sachverständige unter anderem eine Niederlassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes unterhalten oder die Absicht glaubhaft macht, eine Niederlassung errichten zu wollen.

3. Der Antrag auf öffentliche Bestellung

Das Verfahren auf öffentliche Bestellung leiten Sie durch einen formlosen schriftlichen Antrag bei unserer IHK ein. Das Antragsschreiben muss die genaue Beschreibung des Sachgebiets mit einer eingehenden Erläuterung enthalten. Sofern Sie ein Sachgebiet beantragen, für das es keine Bestellungsvoraussetzungen gibt, muss der Antrag eine präzise Umschreibung und Abgrenzung des Sachgebiets enthalten.
Dem formlosen Antrags sind folgende Unterlagen beizufügen:
a. Vollständig ausgefülltes Antragsformular (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 89 KB) nebst den im Formular auf Seite 8 unter Nummer 1. - 10. genannten Positionen.
b. Vorlage von mindestens drei selbständig erstatteten Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet und gegebenenfalls weitere Unterlagen wie Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze und wissenschaftliche Abhandlungen, aus denen sich die nachzuweisende besondere Sachkunde und die Fähigkeit zur Gutachtenerstattung ergeben.
Wenn fachliche Bestellungsvoraussetzungen weitere Vorgaben (z. B. mehr Gutachten) vorsehen, so sind diese zu beachten.

4. Weiteres Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag

-        Überprüfung der eingereichten Unterlagen
Unsere IHK prüft die von Ihnen eingereichten Unterlagen und schaltet geeignete Fachleute in das Überprüfungsverfahren ein.
-        Anhörung des Sachverständigenausschusses
Vor einer Entscheidung durch unsere IHK hört sie den bei ihr gebildeten Sachverständigenzulassungsausschuss zu Ihrem Antrag auf öffentliche Bestellung an und bittet ihn vor allem auch zur persönlichen Eignung um eine Stellungnahme.
-        Überprüfung durch Fachgremien
Zur Überprüfung der besonderen Sachkunde schalten wir grundsätzlich sog. Fachgremien ein, die entweder bei uns, bei anderen IHKs oder anderen Institutionen wie z.B. dem IfS Institut für Sachverständigenwesen  gebildet worden sind. Diese Gremien setzen sich aus ausgewiesenen, unabhängigen Fachleuten des jeweiligen Fachgebiets zusammen. Existiert für ein Sachgebiet noch kein einschlägiges Fachgremium, so erfolgt die Überprüfung durch ein ad-hoc gebildetes Fachgremium.
Das Ergebnis der Überprüfung Ihrer persönlichen Eignung und Ihrer besonderen Sachkunde geben wir Ihnen grundsätzlich bekannt.

5. Gebühren und Auslagen

Nach der Gebührenordnung unserer IHK beträgt die Gebühr für die öffentliche Bestellung zurzeit 988,00 Euro. Sie wird nach dem Bestellungsverfahren festgesetzt und erhoben. Die gegebenenfalls durch die Überprüfung des Antrags, insbesondere durch Einschaltung eines Fachgremiums, anfallenden besonderen Auslagen sind zusätzlich zur Gebühr von Ihnen zu tragen und in der Regel durch einen Kostenvorschuss abzudecken. Schon jetzt möchten wir darauf hinweisen, dass Sie auch bei einer späteren Wiederbestellung anfallende Kosten zu tragen haben. Bitte sprechen Sie uns auf die zu erwarteten Kosten gern an. Wir werden versuchen, Ihnen frühzeitig hierüber hinreichende Klarheit zu verschaffen.

6. Datenschutz

Unsere IHK und die von ihr eingeschalteten Gremien unterliegen der Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht. Persönliche Daten und alle vorgelegten Unterlagen werden nur im Rahmen des Antragsverfahrens und zur Entscheidungsfindung genutzt. In eingereichten Gutachten können die auftragsbezogenen Daten geschwärzt werden, soweit sie für die fachliche Beurteilung nicht bedeutend sind.
Stand: 03.03.2023